Alle Jahre wieder kommt die Zeit, in der die Dunkelheit das Zepter übernimmt. An manchen Tagen scheint es gar nicht richtig hell zu werden. Das schlägt uns auf die Stimmung. Manchen mehr, manchen weniger. „Winterblues“ sagt man dazu auch. Aber es kann sich auch eine echte Winterdepression entwickeln. Was der Unterschied ist und was Sie vor allem dagegen tun können, erfahren Sie hier.
Spätestens mit der Zeitumstellung geht vielen von uns „das Licht aus“: Wer am Morgen früh zur Arbeit muss, ist in der Dunkelheit oder höchstens in der Dämmerung unterwegs. Den Tag verbringen wir dann in dunklen Räumen, spärlich erhellt durch Kunstlicht. Und auf dem Nachhauseweg? Ist es längst schon wieder Nacht geworden.
Das belastet unsere Psyche. Oft mehr, als wir es wahrhaben wollen. Studien zufolge leidet jeder dritte Deutsche am sogenannten Winterblues. Die Symptome sind Antriebs- und Lustlosigkeit, Energiemangel, dauernde Müdigkeit und Mutlosigkeit.
Dabei ist der Winterblues noch die harmlosere Variante. Denn verschlimmern sich die Symptome, spricht man von einer saisonal abhängigen Depression (SAD; seasonal affective disorder) – der Winterdepression. Sie ist eine anerkannte Erkrankung. Schätzungen zufolge sind ein bis drei Prozent der Deutschen davon betroffen. Die Dunkelziffer dürfte hier aber deutlich höher sein, denn die wenigstens gehen in diesem Fall zum Arzt.
Winterdepression oder Winterblues? So erkennen Sie den Unterschied
Die Symptome des Winterblues und der Winterdepression ähneln sich sehr und unterscheiden sich im Grunde fast nur durch Schwere und Dauer der Krankheitszeichen.
Symptome des Winterblues:
- Dauernde Müdigkeit und hohes Schlafbedürfnis
- Motivationslosigkeit
- Energielosigkeit
- Heißhunger auf Kohlenhydrate und Süßes
- Gewichtszunahme
Symptome der Winterdepression:
- Alle oben genannten Symptome, sie müssen aber mindestens zwei Jahre in Folge im Herbst und Winter auftreten…
- … und mehr als zwei Wochen anhalten
- Auch Rückenschmerzen oder Magenschmerzen können auftreten
Wie entsteht eine Winterdepression?
Um energiegeladen, motiviert und gut gelaunt zu sein, braucht unser Gehirn ein paar wichtige Voraussetzungen: ausreichend Erholung, viel Sauerstoff, Tageslicht, genug Wasser und die richtigen Nährstoffe.
Gerade am Tageslicht fehlt es uns aber von November bis Februar besonders. Das hat Auswirkungen auf unser Hormongleichgewicht. Denn das Glückshormon Serotonin wird in unserem Gehirn – genauer gesagt in der Zirbeldrüse – bei einsetzender Dunkelheit in Melatonin umgewandelt. Melatonin macht uns müde und bereitet uns auf den Nachtschlaf vor. Serotonin dagegen macht uns zufrieden, wach und leistungsfähig.
Wird es nun den ganzen Tag über nicht richtig hell, bzw. halten wir uns nur drinnen bei künstlicher Beleuchtung auf, wird zu viel Serotonin in Melatonin umgewandelt und wir fühlen uns den ganzen Tag schlapp und unmotiviert.
Evolutionär gesehen macht das durchaus Sinn: Für unsere Vorfahren, die Jäger und Sammler, war es überlebenswichtig, im Winter Kräfte zu sparen. Es gab kaum etwas zum Sammeln. Hin und wieder musste man zwar auf die Jagd, aber die Zeit dazwischen hieß es: Aussitzen. Große Motivationsschübe in der dunklen, kalten Höhle wären eher kontraproduktiv gewesen.
Heute schaut das freilich anders aus. Unsere Arbeitgeber, Kunden, Familien und Freunde machen keinen großen Unterschied zwischen Sommer und Winter. Ein saisonaler Energie- und Motivationseinbruch ist also für die meisten von uns ein Problem. Doch Sie können einiges tun, um die Winterdepression zu bekämpfen.
6 Tipps gegen den Winterblues
1. Raus gehen – jeden Tag und bei jedem Wetter
Die wichtigste Medizin gegen Winterdepression ist Licht. Wenn Licht auf unsere Netzhaut fällt, hört unsere Zirbeldrüse auf, Serotonin in Melatonin umzuwandeln. Wir werden wacher, motivierter und haben bessere Laune. Allerdings sollte es wirklich Tageslicht sein, denn selbst bei bedecktem Himmel erreichen wir draußen mehrere Tausend Lux (die Einheit für Helligkeit). Künstliche Beleuchtung in Innenräumen liefert dagegen meist nicht mehr als 500 Lux.
Eine einfache Methode, sich das zunutze zu machen, ist ein Morgenspaziergang. So starten Sie „aufgeweckt“ in den Tag. Aber auch nach dem Mittagessen bietet sich ein Runde an der frischen Luft an – um die Nachmittagsmüdigkeit in Schach zu halten.
Experten empfehlen, sich jeden Tag mindestens 30 Minuten draußen aufzuhalten, besser wären natürlich 2-3 Stunden bzw. so lange wie möglich.
2. Ausgewogene Ernährung – trotz Heißhunger-Attacken
Heißhunger auf einfache Kohlenhydrate und Süßes ist ein typisches Symptom der Winterdepression. Damit versucht unser Körper, die Serotonin-Produktion anzukurbeln. Denn Zucker im Blut lässt den Insulinspiegel steigen. Insulin erleichtert es der Aminosäure L-Tryptophan ins Gehirn zu gelangen. Sie ist ein Bestandteil des Botenstoffs Serotonin.
Doch die ungesunde Ernährung hat viele Nachteile: Sie nehmen weniger Ballaststoffe und essentielle Mikronährstoffe auf, laufen Gefahr, eine Insulinresistenz zu entwickeln, und nehmen obendrein an Gewicht zu.
Setzen Sie lieber auf eine ausgewogene Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten und Ballaststoffen aus Vollkorn, viel Gemüse und gesunden Fetten zum Beispiel aus Nüssen und Omega-3-reichen Ölen. Denn damit versorgen Sie sich automatisch mit den, für Ihre gesunde Psyche wichtigen Mikronährstoffen. Dazu gehören Folsäure, Niacin, Vitamin B1, Vitamin C und Magnesium.
Eine Studie des University Colleges London konnte zum Beispiel nachweisen, dass eine gesunde Ernährung mit reichlich Obst, Gemüse und Fisch das Risiko, an einer Depression zu erkranken, deutlich senken kann. Eine schlechte Ernährung mit viel Zucker, stark verarbeiteten Lebensmitteln und verarbeitetem Fleisch erhöhte es dagegen enorm.
3. Viel trinken – auch im Winter wichtig
In Herbst und Winter vergessen wir oft, genug zu trinken. Das Durstgefühl ist dann weniger stark als an heißen Sommertagen. Doch schon ein minimaler Flüssigkeitsmangel hat große Auswirkungen auf unsere geistige Leistungsfähigkeit und unser Energielevel.
Versuchen Sie daher, auch im Winter mindestens 2 Liter ungesüßte Getränke zu sich nehmen – entweder stilles Wasser oder warmen Tee.
4. Lichttherapie gegen Winterdepression
Leiden Sie stark unter den Symptomen der Winterdepression, könnten Sie eine sogenannte Lichttherapie versuchen. Dabei kommen Geräte und Lampen zum Einsatz, die die Helligkeit von Tageslicht erreichen und so die Melatonin-Produktion stoppen und den Serotoninspiegel anheben.
Es gibt dafür Tageslichtlampen, spezielle Leuchtmittel oder auch handliche Lichttherapiegeräte, die kinderleicht zu bedienen sind.
5. Pflegen Sie soziale Kontakte
Auch wenn oft die Motivation fehlt: Treffen mit Familie und Freunden sorgen für bessere Stimmung. Soziale Kontakte machen uns glücklicher und helfen uns über die dunkle Jahreszeit hinweg.
Gehen Sie miteinander spazieren, kochen Sie gemeinsam ein gesundes Essen oder trinken Sie entspannt zusammen einen Tee oder heiße Schokolade und unterhalten sich – unsere Tipps gegen Winterdepression lassen sich wunderbar mit Ihren Lieben zusammen umsetzen.
6. Entspannen Sie sich – jetzt ist die beste Zeit dafür
Zum Abschluss noch ein wenig Entspannung: Jetzt ist die beste Zeit für ein wenig Wellness. Gehen Sie zum Beispiel regelmäßig in die Sauna oder versuchen Sie zuhause die ein oder andere Kneipp-Anwendung. Die Warm-Kalt-Reize bringen Ihren Kreislauf in Schwung und sorgen obendrein für ein stärkeres Immunsystem.
Vielleicht hilft es Ihnen aber auch, sich bewusst zu machen, dass es ein Stück weit natürlich ist, jetzt weniger „unterwegs“ zu sein. Denken Sie an unsere Vorfahren in ihrer Höhle! Machen Sie es sich nach einem Spaziergang zuhause gemütlich, schauen Sie aus dem Fenster und genießen Sie es, einfach mal nichts zu tun.