Ernährung und Psyche – eine untrennbare Verbindung
Was wir essen, beeinflusst nicht nur unsere körperliche Gesundheit, sondern auch unser emotionales Wohlbefinden. Eine wissenschaftliche Studie legt nahe, dass bestimmte Nahrungsmittel unsere Stimmung positiv oder negativ beeinflussen können. Sie fand heraus, dass ein hoher Konsum ultraverarbeiteter Lebensmittel, insbesondere von künstlichen Süßstoffen, das Risiko für Depressionen bei Frauen mittleren Alters erhöhen kann. Nähere Infos zur Studie können Sie in diesem Artikel lesen.
Das deckt sich auch mit der Lehre der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Nach Theorie der TCM, wird die Ernährung als eine Möglichkeit betrachtet, aktiv zur Gesunderhaltung des Körpers und der Psyche beizutragen.
Einführung in die TCM
Was ist die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)?
Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist eine jahrtausendealte Heilkunst, die den Körper als ein vielschichtiges System betrachtet, in dem sich alle Prozesse gegenseitig beeinflussen. Kann die Lebensenergie Qi ungehindert im Körper fließen, sind Yin und Yang im harmonischen Gleichgewicht und der Mensch gesund.
Es gibt fünf Säulen der TCM: Ernährung, Akupunktur, Kräutertherapie, Tai Qi und Qi Gong.
Die traditionelle chinesische Medizin schreibt der Ernährung eine große Bedeutung zu, da sie täglich Einfluss auf das innere Gleichgewicht nimmt und somit entscheidend zur Erhaltung der Gesundheit beiträgt.
In diesem Artikel möchten wir auf diesen Bereich der TCM näher eingehen.
Ziel der TCM Ernährung und die Rolle von Yin und Yang
In der westlichen Ernährungswissenschaft liegt der Fokus auf Kalorien, Makronährstoffe und Vitamine, auf Basis dieser werden allgemeine Ernährungsempfehlungen gegeben. Die Ernährung nach der traditionellen chinesischen Medizin verfolgt einen anderen Ansatz: Lebensmittel werden anhand ihrer Wirkung auf den Körper eingeteilt:
Yin bezeichnet in der TCM alles, was kühlend, befeuchtend und substanzbildend wirkt, Yang bildet den Gegensatz und ist für Körperwärme und Aktivität verantwortlich; eine ausgewogene, traditionelle chinesische Ernährung berücksichtigt beide Aspekte. In der chinesischen Ernährungslehre werden Lebensmittel in Yin-Lebensmittel und Yang-Lebensmittel eingeteilt – je nachdem, ob sie das Yin oder Yang stärken oder schwächen können, was für die körperliche Verfassung entscheidend ist.
Nach Theorie der TCM kann ein Zuviel an Yin zu Feuchtigkeitsansammlungen, Müdigkeit und Antriebslosigkeit führen. Im Gegensatz dazu äußert sich ein Überschuss an Yang oft durch Nervosität, innere Unruhe und Trockenheit im Körper.
Die TCM-Ernährung verfolgt das Ziel, ein Ungleichgewicht im Körper zu vermeiden, damit die Lebensenergie des Menschen, das sogenannte Qi, ungehindert fließen kann. Es gilt, das individuelle Gleichgewicht von Yin und Yang zu bewahren oder wiederherzustellen. Die Wirkung von Yin- und Yang-Lebensmitteln wird gezielt genutzt, um Dysharmonien zu korrigieren und damit den Körper sowie den Geist zu stabilisieren.
Grundlagen der TCM-Ernährung
Die fünf Elemente und ihre Nahrungsmittel
Die TCM-Ernährung ist eine Ernährungsweise, die auf der 5-Elemente-Lehre basiert. TCM teilt Nahrungsmittel in fünf Elemente ein und ordnet sie bestimmten Organen zu:
Holz (Leber): Sauer (Zitrusfrüchte, grünes Blattgemüse)
Feuer (Herz): Bitter (Rucola, grüner Tee, Kurkuma)
Erde (Milz): Süß (Karotten, Kürbis, Datteln)
Metall (Lunge): Scharf (Ingwer, Knoblauch, Rettich)
Wasser (Nieren): Salzig (Algen, Sesam, schwarze Bohnen)

Wärme und Kälte in der chinesischen Ernährung
Die Wirkung der Lebensmittel wird auch anhand ihrer thermischen Eigenschaften unterschieden:
- Wärmende Lebensmittel: Ingwer, Zimt, gebackenes Gemüse (Yang-Energie)
- Erfrischende Lebensmittel: Joghurt, Wassermelone, grüne Salate (Yin-Energie)
- Neutrale Lebensmittel: Reis, Karotten, Datteln
Auch die Zubereitung der Lebensmittel beeinflusst die energetische Wirkung: Gebratene oder gebackene Speisen wirken wärmend, rohe oder gedünstete Speisen haben eine kühlende Wirkung.
TCM-Dysbalancen und ihre Auswirkungen auf die Psyche
Wie oben beschrieben, ist das harmonische Gleichgewicht von Yin und Yang essenziell für die körperliche und psychische Gesundheit. Gerät dieses Gleichgewicht aus der Balance, kann dies nicht nur zu körperlichen Beschwerden führen, sondern auch zu emotionalen und mentalen Herausforderungen.
Milz-Qi-Mangel: Müdigkeit und Grübeln
Die Milz spielt in der TCM eine wichtige Rolle für die Verdauung und Energiegewinnung. Ist das Milz-Qi schwach, führt das zu einem Mangel an Qi im gesamten Körper und zeigt sich durch folgende Symptome:
Körperliche Symptome: Müdigkeit, Blähungen, Verdauungsprobleme, Appetitlosigkeit
Psychische Symptome: Grübeln, Sorgen, Konzentrationsprobleme, geistige Erschöpfung
Gewinnt die Milz nicht ausreichend Energie aus der Nahrung, kann der Geist nicht klar arbeiten. Das führt oft dazu, dass es Betroffene schwerfällt, sich zu fokussieren, und sie sich stattdessen in endlosen Gedankenschleifen verfangen.
Herz-Yin-Schwäche: Innere Unruhe und Schlafprobleme
Das Herz speichert den Geist (Shen). Die TCM geht davon aus, dass ein Yin-Mangel in diesem Bereich zu übermäßiger innerer Aktivität führt. Typische Anzeichen sind:
Psychische Symptome: Nervosität, innere Unruhe, leichte Erregbarkeit, Angstzustände
Körperliche Symptome: Herzklopfen, Schlafstörungen, Nachtschweiß, trockene Haut
Menschen mit einer Herz-Yin-Schwäche fühlen sich oft rastlos und kommen schwer zur Ruhe. Vor allem abends verstärken sich die Symptome, was zu Schlafproblemen führt.
Leber-Qi-Stagnation: Stress und Emotionen
Die Leber ist nach der TCM dafür verantwortlich, dass die Lebensenergie (Qi) ungehindert fließen kann. Ist das Leber-Qi blockiert, führt dies zu:
Psychische Symptome: Gereiztheit, depressive Verstimmungen, Stimmungsschwankungen
Körperliche Symptome: Verspannungen, Kopfschmerzen, PMS, Druckgefühl in der Brust
Menschen mit Leber-Qi-Stagnation neigen zu emotionalen Hochs und Tiefs, fühlen sich häufig gestresst und reagieren empfindlich auf äußere Einflüsse.
Nieren-Essenz-Mangel: Erschöpfung und Angst
Die Energie der Nieren (Jing) gilt als Quelle unserer Vitalität. Ein Mangel zeigt sich durch:
Psychische Symptome: Ängste, Unsicherheit, Vergesslichkeit, Konzentrationsmangel
Körperliche Symptome: Kalte Hände und Füße, chronische Müdigkeit, Libidoverlust
Da die Nieren nach der TCM für Willenskraft und innere Stärke verantwortlich sind, führt ein Mangel an Nieren-Energie oft zu Unsicherheit und Ängsten. Betroffene Menschen fühlen sich oft kraftlos und erschöpft.

Wie kann das Gleichgewicht wiederhergestellt werden?
Um die genannten Dysbalancen zu regulieren, ist es notwendig, das individuelle Yin-Yang-Gleichgewicht wiederherzustellen und den freien Fluss des Qi zu fördern. Dies kann durch eine gezielte Anpassung der Ernährung nach den Empfehlungen der TCM, eine bewusste Lebensweise und weitere Maßnahmen wie Akupunktur, Qi Gong oder Heilkräuter geschehen.
Praktische Ernährungstipps für mehr mentale Stabilität nach TCM
Die TCM-Ernährung bietet nicht nur theoretische Ansätze, sie lässt sich auch im Alltag leicht umsetzen. Wer seine Ernährung bewusst an die asiatische Küche anpassen möchte, um das Wohlbefinden zu verbessern, innere Unruhe zu reduzieren und für eine stabile Lebensenergie (Qi) sorgen möchte, sollte einige Grundlagen beachten.
Bei der TCM-Ernährung kommt es nicht nur auf die Auswahl der Nahrungsmittel an, auch die Zubereitung und der Zeitpunkt der Mahlzeiten sind wichtig.
Regelmäßige Mahlzeiten
Nach der chinesischen Ernährungslehre sind regelmäßige Mahlzeiten entscheidend, um das Verdauungssystem nicht zu überlasten. Ein fester Rhythmus unterstützt den Körper dabei, Nahrung effizienter zu verarbeiten damit die Lebensenergie (Qi) optimal fließen zu lassen. Unregelmäßiges Essen kann das Verdauungssystem überlasten und damit zu Feuchtigkeitsansammlungen oder innerer Kälte führen, was wiederum die Nährstoffaufnahme beeinträchtigt. Ein geregelter Essensrhythmus unterstützt nach der TCM-Ernährung nicht nur die Verdauung, sondern fördert auch eine stabile Energieversorgung und damit das allgemeine Wohlbefinden.
Warme Mahlzeiten morgens und mittags
Nach der chinesischen Organuhr arbeitet der Magen morgens zwischen 7 und 9 Uhr am besten und die Milz wandelt zwischen 9 und 11 Uhr die Nahrung in Energie (Qi) um. Eine warme, bekömmliche Mahlzeit unterstützt die Verdauung und sorgt damit über den Tag für eine stabile Energieversorgung. Auch mittags kann der Körper nach der TCM-Ernährung Nährstoffe besonders gut aufnehmen, weshalb auch hier eine warme, ausgewogene Mahlzeit von Vorteil ist. Kalte oder schwere Speisen können die Verdauung belasten und damit die Energieproduktion beeinträchtigen.

Leichtes Abendessen
Im Gegensatz zu westlichen Ländern, in denen abends oft die Hauptmahlzeit gegessen wird, ist die Empfehlung der TCM-Ernährung, das Abendessen möglichst leicht ausfallen zu lassen.
Die Verdauungskraft wird am Abend schwächer, wichtig ist daher, abends keine zu großen oder schwer verdaulichen Mahlzeiten zu sich zu nehmen, welche die Verdauungsenergie (Qi) belasten und damit das Einschlafen und die Schlafqualität negativ beeinflussen können.
Besonders schwer verdauliche Lebensmittel wie stark gewürzte Gerichte oder schwere Mahlzeiten mit viel Fett, Fleisch, Zucker sowie Milch und Milchprodukte, sollten zu später Tageszeit vermieden werden. Suppen, gekochtes Gemüse mit Reis oder leichte Getreidegerichte eignen sich gut als Abendessen.
Rohkost reduzieren
Die thermische Wirkung von Nahrungsmitteln spielt in der TCM-Ernährung eine bedeutende Rolle. Rohkost wird als kühlend (Yin) betrachtet und kann damit das Verdauungsfeuer (Yang) schwächen, vor allem bei Menschen, die ohnehin ein empfindliches Magen-Darm-System haben.
Besonders in den kälteren Monaten sollten daher mehr gekochte und warme Mahlzeiten zu sich genommen werden, um das Qi der Verdauung zu unterstützen. Wer ungern komplett auf Rohkost verzichten möchte, sollte darauf achten, diese eher mittags als abends zu sich zu nehmen und sie mit wärmenden Zutaten wie Ingwer oder Sesam zu kombinieren.
Hülsenfrüchte
Hülsenfrüchte gelten in der TCM-Ernährung als wertvoll, da sie das Qi nähren und eine gute pflanzliche Eiweißquelle darstellen. Da sie außerdem gut für die Nieren-Energie sind, welche eine zentrale Rolle für mentale Stabilität, Durchhaltevermögen und innere Kraft spielt, sollten Gerichte mit Hülsenfrüchten regelmäßig auf dem Speiseplan stehen.
Um Blähungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, Hülsenfrüchte langsam zu kochen und mit verdauungsfördernden Gewürzen wie Fenchel, Ingwer oder Kreuzkümmel zu kombinieren. Besonders empfehlenswert sind Linsen, Kichererbsen und schwarze Bohnen.

Blanchieren oder Dünsten
Die Zubereitung von Lebensmitteln hat einen großen Einfluss auf ihre Wirkung im Körper. Nach der TCM-Lehre sind blanchierte oder gedünstete Speisen leichter verdaulich als rohe oder stark gebratene Lebensmittel.
Beim Blanchieren oder Dünsten bleiben viele Nährstoffe erhalten, während die Lebensmittel gleichzeitig bekömmlicher werden. Besonders für Menschen mit einem empfindlichen Magen oder einem Milz-Qi-Mangel ist diese Zubereitungsmethode optimal.
Fazit: Ganzheitliche Ernährung für Körper und Geist
Die TCM-Ernährung bietet eine ganzheitliche Methode, um Körper und Psyche in Einklang zu bringen. Anders als in der westlichen Ernährungswissenschaft stehen nicht die Makro- und Mikronährstoffe im Vordergrund, vor allem auch die energetische Wirkung der Lebensmittel spielt eine Rolle.
Durch die bewusste Auswahl von warmen, leicht verdaulichen Speisen, den gezielten Einsatz von Hülsenfrüchten und eine regelmäßige Mahlzeitenroutine kann die TCM-Ernährung genutzt werden, um das Gleichgewicht im Körper zu unterstützen. Besonders bei Menschen, die unter innerer Unruhe, Stress oder Verdauungsproblemen leiden, kann eine angepasste Ernährung nach der TCM langfristig womöglich zu mehr Wohlbefinden führen.
Eine Ernährung, die auf die spezifischen Organsysteme abgestimmt ist, kann dazu beitragen, Mangelzustände auszugleichen, Blockaden zu lösen und die innere Balance zu stabilisieren.
Wer tiefer in die TCM-Ernährung eintauchen möchte, kann sich von einem Heilpraktiker oder TCM-Therapeuten beraten lassen, um eine individuelle Strategie für mehr mentale und körperliche Stabilität zu entwickeln oder ein TCM-Kochbuch nutzen, um passende Gerichte zu entdecken. Eine gut geplante, ausgewogene Ernährung kann nicht nur körperliche Beschwerden lindern oder heilen, sondern auch dazu beitragen, das seelische Wohlbefinden nachhaltig zu stabilisieren.